Im Jahr 2011 haben die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet und die Implementierung in nationales Recht empfohlen. Diese beinhalten u.a. die Verantwortung von Unternehmen, mit Sorgfaltspflichten als Teil ihrer umfassenden Verantwortung des Menschenrechtsschutzes zu agieren. Der Staat seinerseits hat den Auftrag sicherzustellen, dass die Unternehmen die Menschenrechte respektieren. Das heißt, dass der Staat bei der Implementierung der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte Gesetzeslücken identifizieren und anschließend schließen soll.
Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen und/oder deren Tochter-, Sub- oder Zulieferunternehmen seien an der Tagesordnung. Sie passieren zwar meist tausende Kilometer abseits Europas, aber sie sind oft die direkten Konsequenzen von Entscheidungen, die in europäischen Hauptstädten und Konzernsitzen getroffen wurden. Jérôme Chaplier, Koordinator des europäischen Netzwerks European Coalition for Corporate Justice (ECCJ), wies darauf hin, dass laut Umfragen 87 % der europäischen Bürger_innen es unterstützen, dass privatwirtschaftliche Unternehmen sich an soziale und ethische Standards halten, wenn sie im Ausland aktiv sind. Er beschrieb das Konzept der „Due Diligence“ – der gebotenen Sorgfalt. Dieses ist in den UN-Leitprinzipien verankert und beschreibt die Verantwortung von Unternehmen, mit Sorgfaltspflichten als Teil ihrer umfassenden Verantwortung des Menschenrechtsschutzes zu agieren. Dementsprechend sollen Unternehmen die menschenrechtlichen Risiken, die ihre Aktivitäten hervorrufen können, erkennen, vermeiden und verringern. Im Falle der Verletzung sollen sie zudem über Wiedergutmachungsinstrumente verfügen und entschädigen.
Österreich wurde im Rahmen der Diskussionen über ein rechtsverbindliches Instrument zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte bereits vom zuständigen UN-Ausschuss gerügt und zum Handeln aufgefordert. Die Vorsitzende der AWEPA Sektion im österreichischen Parlament, Abg.z.NR Petra Bayr, wies in ihrer Stellungnahme auf diesen Umstand hin, und unterstrich in der Folge die Dringlichkeit einer rechtlichen Handhabe, wie österreichische Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden können.
Österreich ist aufgrund seiner Exportorientierung ein Gewinner der verstärkten Globalisierung; in einigen wirtschaftlichen Nischen sogar Weltmarktführer. Die Verankerung der allgemein gültigen Menschenrechte auch und vor allem in der Wirtschaft ist jedoch noch unzureichend ausgeformt. Wirtschaftspartnerschaften gewinnen auch in der Entwicklungszusammenarbeit an Bedeutung, und es ist somit umso wichtiger, klare Rahmenbedingungen zu schaffen.
Der französische Abgeordnete Dominique Potier beschrieb den Weg, den ein eigens gegründeter parlamentarischer Zirkel (Cercle RSM pour la Responsabilité Sociétale des Multinationales) in Frankreich ging, um ein Gesetz zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu formulieren und in die Nationalversammlung zu bringen. Zwei Jahre lang arbeiteten NGOs, französische Gewerkschaftsverbände, Universitäten und Juristen, und alle vier Fraktionen der Parlamentsmehrheit (Sozialdemokraten, Grüne, Kommunisten - Gruppe GDR, Radikale - Gruppe RRDP) zusammen an einem Kompromiss für einen Gesetzesentwurf. Eine endgültige Annahme steht nach Debatten im Senat noch aus.
Die rechtsvergleichende Studie (im österreichischen, deutschen und schweizerischen Recht) „Die Sorgfaltspflichten von Unternehmen und Vorstandmitgliedern bezüglich Menschenrechten bei Auslandsaktivitäten“, die bei diesem Runden Tisch von Marieta Kaufmann vom Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) vorgestellt wurde, bezog sich auf konkrete Vorschlägen zur Effektivierung des österreichischen Menschenrechtsschutzes im Zivilrecht im Zusammenhang mit unternehmerischer Sorgfaltspflicht.
Die Zahl der Menschen mit Behinderung liegt weltweit bei über einer Milliarde – rund 80 Prozent von ihnen leben im Globalen Süden. Armut und schlechte Lebens- und Versorgungsbedingungen tragen häufig zu einer Manifestation von Behinderung bei. Behinderung schafft aber auch Armut, denn die Möglichkeiten von Menschen mit Behinderung, sich selber durch Arbeit zu versorgen, sind teils sehr gering.
Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung wurde 2006 verabschiedet. In ihr wurde das offizielle Recht auf Selbstbestimmung, gesellschaftliche Teilhabe, Chancengleichheit und Barrierefreiheit festgeschrieben. 2008 wurde die Konvention im österreichischen Nationalrat ratifiziert. Doch bei deren Umsetzung sind noch zahlreiche Herausforderungen zu überwinden, wie Parlamentsdirektor Dossi bei seiner Begrüßung betonte. Das Parlamentsgebäude entspricht derzeit nicht den Kriterien des barrierefreien Zugangs, dies muss bei der Sanierung in den kommenden Jahren bedacht werden. Inklusion darf sich aber nicht auf die physischen Aspekte beschränken, sondern muss auch die soziale Umwelt mit einbeziehen.
Doch Soziale Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen, unterliegt leider noch oft falschen Interpretationen in allen gesellschaftlichen Bereichen, vor allem in seiner Abgrenzung zu Integration. Selbstbestimmtes Leben ist der fundamentale Grundsatz der UN Konvention. Dies heißt nicht, dass Menschen mit Behinderung alles selber machen möchten, sondern dass sie die gleichen Chancen und die gleiche Kontrolle über ihr Leben haben möchten, betonte Gabriele Weigt vom Verein bezev (Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V.) in ihrer Keynote. Die Barrieren, die am häufigsten thematisiert werden beziehen sich auf Infrastruktur und Kommunikation. Wenig Forschung gibt es dagegen zu Kultur und Behinderung, d.h. inwiefern Verhaltensweisen und Einstellungen eine Ausgrenzung bzw. Inklusion beeinflussen. Dies ist v.a. in Bezug auf Entwicklungszusammenarbeit von Relevanz.
Rui Maquene und Jorge Manhique von der mosambikanischen Dachorganisation für Menschen mit Behinderung (FAMOD; Fórum das Associações Mocambiçanas dos Deficientes) bemängeln nicht nur die unzureichende Datenlage in ihrem Land, sondern auch, dass die zuständigen Behörden keine genaue Vorstellung über das Ausmaß und die Auswirkungen von Behinderung haben. FAMOD versucht in seinen Aktivitäten, den Paradigmenwechsel hin zu mehr sozialer Inklusion herbeizuführen, scheitert aber oft auch an praktischen und alltäglichen Notwendigkeiten, zu denen Menschen mit Behinderungen in Mosambik der Zugang fehlt. Wichtig sei vor allem auch die Inklusion von HIV-positiven Menschen.
Die gesetzlichen Grundlagen seien nicht das Problem in Mosambik bestätigt auch der 2. Stellvertretende Parlamentspräsident, Younusse Amad. Es gibt jedoch eine große Kluft zwischen Gesetz und Praxis. Laut Artikel 125 der Verfassung genießen Menschen mit Behinderung sogar einen besonderen Schutz. Zudem wurde die CRPD ratifiziert und ein Nationaler Aktionsplan für Menschen mit Behinderung erstellt. Die Umsetzung aller Gesetze, Richtlinien und Maßnahmen ist jedoch mangelhaft. Die zuständigen Stellen kennen den Nationalen Aktionsplan oft gar nicht. Es gibt auch keine Kontrollmechanismen oder –organe, die einzelne Umsetzungsschritte monitoren. Zudem fehlt es an finanziellen und personellen Ressourcen.
In zwei Arbeitskreisen zu politischen Entscheidungsprozessen (Rolle von Parlamenten und zivilgesellschaftlichen Organisationen) sowie zu Bildung, Ausbildung und Arbeitsplätzen von Menschen mit Behinderung wurden wesentliche Fragestellungen intensiv diskutiert. Die Ergebnisse des NordSüdDialog FORUMs werden in einer eigenen Publikation zusammen gefasst.
In seinen Schlussworten unterstich Abg.z.NR Franz-Joseph Huainigg den gelungenen Dialog mit dem Partnerparlament Mosambik, um das Thema Menschen mit Behinderung in der Entwicklungszusammenarbeit präsent zu machen. Die Zielsetzung der Umsetzung der CRPD sowie der SDGs (Sustainable Development Goals) verbindet über alle Länder hinweg.
>>> Protokolle der Arbeitskreise
>>> Nachlese zum FORUM als PDF
Zum Thema Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (Policy Coherence for Development - PCD) gab es im Mai zwei vom Parlamentarischen NordSüdDialog initiierte Treffen, einerseits mit der Interministeriellen Arbeitsgruppe (am 6. Mai 2015) und andererseits im österreichischen Parlament (Runder Tisch am 7. Mai 2015).
Die Folgen der Nahrungsmittel-, Rohstoff-, Wirtschafts- und Finanzkrisen des letzten Jahrzehnts haben verdeutlicht, dass kollektive Ressourcenprobleme nur durch nachhaltige, integrative und intelligente Politikstrategien auf internationaler und nationalstaatlicher Ebene bearbeitet werden können. Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung versucht, dieser Herausforderung sukzessive und prozesshaft gerecht zu werden.
Im Rahmen der Post-2015 Entwicklungsagenda soll ein global verbindlicher und universell gültiger Referenzrahmen entwickelt werden, in dem Ziele der Armutsreduktion mit Zielen der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit verknüpft werden. Dadurch sind alle Staaten aufgefordert, mittels geeigneter Mechanismen und Instrumente PCD auf nationalstaatlicher Ebene umzusetzen. Angesichts der starken Fragmentierung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit und des Fehlens eines Organs mit „Schiedsrichterfunktion“ (policy arbitration) auf hoher politischer Ebene ist Österreich nicht darauf vorbereitet. Das Development Assistance Committee der OECD empfiehlt im kürzlich erschienen österreichischen Peer Review eine klare PCD Strategie, Mechanismen, Instrumente für Monitoring und Berichterstattung zu entwickeln, die personellen Ressourcen im BMEIA auf zu stocken, das Kohärenzbewusstsein innerhalb der Regierung zu erhöhen und auf die in den NGOs und Think Tanks vorhandene Expertise zurück zu greifen.
Die Veranstaltungen des Parlamentarischen NordSüdDialogs zielten auf die Sensibilisierung relevanter Stakeholder in Bezug auf die gegebene Situation und die Notwendigkeiten ab. Die finnische Expertin zum Thema PCD, Raili Lahnalampi, erläuterte das finnische PCD System, das einen whole-of-government approach verfolgt, in dem bspw. der Zusammenhang von Handels-, Migrations- und Sicherheitspolitik mit der Entwicklungspolitik anerkannt wird. Ein entscheidender Faktor, um PCD voran zu bringen, ist laut Lahnalampi, dass das zuständige außenpolitische Komitee das uneingeschränkte Recht besitzt, Informationen von zuständigen Stellen einzufordern. Michael Obrovsky (ÖFSE) betonte, dass das (derzeit fehlende) politische Committment unabdingbar sei und es seitens der Verwaltung weg vom Zuständigkeitsdenken hin zu einer Kooperationskultur kommen müsste.
In der Diskussion wurde von einigen Teilnehmer_innen angesprochen, dass es in den derzeit zuständigen Stellen teils an umfassendem Wissen über PCD fehlt, aber auch Widerstände gegen deren Umsetzung bestehen und zudem die Mittel für die Implementierung des vorgeschlagenen weitreichenden Konzepts fehlen würden. Zudem wurde die Langsamkeit der Prozesse beklagt. Angesprochen wurde das neue Dreijahresprogramm der OEZA, das zwar keine spezifischen Vorkehrungen für PCD enthält, aber in einigen Bereichen Ansatzpunkte liefert.
>>> Präsentation von Raili Lahnalampi (finnisches Parlament)
>>> Präsentation von Michael Obrovsky (ÖFSE)
>>> Präsentation von Nadja Schuster (Parlamentarischer NordSüdDialog)
Auf Initiative des Parlamentarischen NordSüdDialogs fand am 14. April 2015 erstmals ein Treffen des AfrikaClub mit Mitgliedern des Außenpolitischen Ausschusses im Parlament statt. Der Afrika Club ist ein offenes Diskussionsforum von Expert_innen zur Afrika-Politik und beschäftigt sich seit drei Jahren mit Fragen zum afrikanischen Kontinent. Zentral ist der gleichberechtigte Dialog zwischen afrikanischen Diasporas in Österreich und Österreicher_innen. Ziel des Treffens war ein Informationsaustausch zur Lage des Nachbarkontinents Afrika und seiner Beziehung zu Österreich und darüber hinaus auch zu Europa. Aber auch die Definition von Eckpunkten für eine zukünftige Beschäftigung mit Afrika-Politik im österreichischen Parlament stand auf der Agenda.
Medial präsente Themen wie Migration, Seuchen, kriegerische Auseinandersetzungen und politische Unruhen oder inner- und zwischenstaatliche Konflikte wurden angesprochen. Konsens bestand darüber, dass es in Bezug auf diese Themen zu wenig Hintergrundinformationen und konkrete Fakten über Zusammenhänge und Ursachen gibt. Ein intensiver Austausch mit Expert_innen aus Afrika und Europa ermögliche fundiertes Wissen als Voraussetzung für eine politische Auseinandersetzung mit einzelnen Phänomenen. In diesem Zusammenhang sei ein regelmäßiger Austausch, der Aufbau von Beziehungen mit Fokus auf konkrete Bereiche, Staaten und Ebenen, sowie das Pflegen von politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Kontakten unabdingbar. Sowohl auf bi- als auch multilateralen Ebenen bestünden Möglichkeiten der Kooperation und strategischen Partnerschaften zwischen afrikanischen Ländern und Österreich in zahlreichen thematischen Bereichen.
Erforderlich wäre in diesem Zusammenhang eine gesamtstaatliche Afrika-Strategie Österreichs, in der über die EU-Afrika Strategie hinaus Schwerpunkte herausgearbeitet werden und durch die sich Netzwerke bilden, die nicht gängige neoliberale und/oder neoimperialistische wirtschaftliche Verhältnisse bedienen. Der Schutz von ökonomischen und sozialen Menschenrechten muss als Basis fungieren.
Am Ende des Treffens stand der Wunsch von Seiten der Mitglieder des AfrikaClubs an die Abgeordneten, sich für folgende Themen stark zu machen:
• ORF Korrespondent_in für den Afrikanischen Kontinent
• Gesamtstaatliche Afrikastrategie (in Abstimmung zur EU-Afrikastrategie)
• Längerfristige Partnerschaften mit Afrikanischen Ländern (nicht nur Schwerpunktländer)
• Förderprogramme für afrikanische Studierende an österreichischen Universitäten
Der diesjährige Kooperationspartner der im Rahmen des Parlamentarischen NordSüdDialogs veranstalteten Ausstellung war das Klimabündnis Österreich, das eine Plakatausstellung zum Thema Gewinnung metallischer Rohstoffe präsentierte (siehe Broschüre als Download). Darin wird über die Bedingungen und Auswirkungen des Abbaus von Gold und Coltan in Minen in Südamerika und Afrika informiert. Durch die Gewinnung von Gold sind Tausende von Menschen direkt und indirekt negativ betroffen. Durch die Verwendung von Zyanid und Quecksilber werden Trinkwasser, Böden und Lebensmittel vergiftet. Die Arbeitsbedingungen für die lokalen Arbeitnehmer_innen und Schürfer_innen in den Minen sind sehr hart, die Wertschöpfung geschieht meist im Ausland. Peter Molnar, Geschäftsführer des Klimabündnis Österreich, forderte die Anwesenden dazu auf, die Empfehlungen der UNIDO umzusetzen und bspw. auch bei der Parlamentssanierung nur Gold mit FAIRTRADE®-Zertifikat zu verwenden.
Seit 2011 gibt es auch internationale FAIRTRADE®-Standards für Edelmetalle im klein-gewerblichen Bergbau. Durch den FAIRTRADE®-Mindestpreis, der als Sicherheitsnetz nach unten zu verstehen ist, sind die Minenarbeiter_innen finanziell besser abgesichert. Die FAIRTRADE®-Prämie wird in Soziales, Infrastruktur und eine höhere Produktivität investiert. Davon profitiert die ganze Gemeinschaft. Global gesehen gehe es um die Schaffung einer fairen Wirtschaftsordnung, so Helmut Schüller, Vorstandsvorsitzender von FAIRTRADE® Österreich. Gerade im Hinblick auf die Anfang nächsten Jahres geplante Neufassung der Bundesvergabeordnung ist es wichtig, dieses politische Anliegen im Parlament sichtbar zu machen.
>>> Klimabündnis Broschüre "Unser Griff nach den Rohstoffen der Welt"